Iggy Pop scheint unverwüstlich. Dreieinhalb Jahre nach seinem hochgelobten Kollaborationsalbum Post Pop Depression hat der Godfather of Punk mit Free eine neue Platte herausgebracht. Der Titel bezeichnet schon Haltung des Musikers. Pop hat sich damit von seinem Image gleichsam befreit. Hier ist er nicht mehr der wilde Punk-Rocker. Auch gibt es keine rauen und aggressiven Gitarrenriffs mehr zu hören. Die Klänge sind ruhiger, um nicht zu sagen melancholischer. Wie schon sein Weggefährte Bob Dylan macht sich Pop offenbar einen Spaß daraus, seine Hörer und erst Recht seine Fans vor den Kopf zu stoßen. Denn wer hätte von ihm schon eine Platte erwartet, auf welcher der Rocker so zärtlich jazzt?
Der Musik-Erneuerer
Das zu erwähnen ist wichtig, weil es bemerkenswert ist. Denn Iggy Pops Name ist mit den Jahren zu einem Synonym für Punk geworden, jene härtere und anarchische Gangart der Rockmusik. Mit der legendären Band The Stooges hatte er im Fahrwasser der britischen Bands Deep Purple und Led Zeppelin, die mit ihren rauen Gitarrenriffs dafür den Grundstein gelegt hatten, den Punk mitbegründet und ihn in den folgenden Jahren maßgeblich geprägt. Die Musik der Stooges und des Punks im Allgemeinen war Ausdruck einer anarchischen Haltung. Eine minimalistische Instrumentierung, eine einfache Liedstruktur, eine rohe und aggressive Spielweise und nicht zuletzt die Sozialkritik waren bezeichnend für diese neue laute Musik.
Die unangepasste Haltung drückten die Musiker auch auf der Bühne aus – die Stooges allen voran. Auf den Konzerten ging es laut und aggressiv zu. Es wurden Gegenstände zertrümmert, und manchmal floss sogar Blut. Iggy Pop ritzte sich schon mal mit Glasscherben die Haut auf und provozierte den guten Geschmack auch damit, dass er mit nacktem Oberkörper rockte. Eine Jeans und Schuhe waren oft seine einzigen Bekleidungsteile.
Mit den Stooges stellte Iggy Pop die Rockmusik auf den Kopf. So sehr die Band die Gesellschaft schockierte, so groß war ihr Einfluss auf die nachfolgenden Musikergenerationen. Bands wie die Sex Pistols, Sonic Youth, Guns n’ Roses und Queens of the Stone Age sahen und sehen in ihnen ihre Vorbilder. Doch die Geschichte der Stooges war kurz. 1967 gegründet, trennten sich die Bandmitglieder nach drei Studioalben im Jahr 1974. Zwar kamen sie 2003 wieder zusammen, brachten als Iggy and The Stooges noch zwei Alben heraus, doch an die Glanzzeit der früheren Jahre reichten sie nicht mehr heran. 2014 löste sich die Band wieder auf.
Die Solo-Karriere
Abseits der Stooges feierte Iggy Pop dennoch große Erfolge. Als Solokünstler war er seit 1976 nicht nur sehr kreativ, sondern auch extrem produktiv. 1977 brachte er mit “The Idiot” seine erste Soloplatte heraus, etliche folgten in den nächsten Jahren. Das Besondere: Pop wagte es auch, einen Schritt auf den Mainstream zuzumachen. Mit den Songs Lust for Life und The Passanger schuf er Evergreens der Rockmusik. Eine weitere Kehrtwende vollzieht Pop nun mit seiner neuesten Platte. Eine Kehrtwende ist Free auch deshalb, weil Pop damit ein ruhiges und vor allem jazziges Album aufgenommen hat. Hier ist nicht viel Gitarre zu hören, dafür umso mehr Trompetenklänge. So ungewöhnlich die Platte auf den ersten Blick anmutet, so großartig ist sie letztlich geworden.